Schwerkraft
Jeden Tag werden wir Zeuge eines Phänomens, das überall auf dieser Welt gilt: Fällt uns etwas aus der Hand, fliegt es nicht weg, sondern geht zu Boden. Grund ist die Schwerkraft! Deshalb sitzen wir auch auf der Erde, ohne wegzuschweben. Aber wir sind nicht nur im physikalischen Sinn der Schwerkraft unterworfen, sondern übertragen auch in unserer Gottesbeziehung!
Wir sind nämlich von Geburt an dem Naturgesetz der Sündhaftigkeit unterworfen – verflucht „abwärtsgerichtet“ zu sein. Jeden Tag denken, sagen und tun wir Dinge, die uns „belasten“, uns „runterziehen“, ein „beschwertes Gewissen“ machen. Sehr deutlich wird die Schwere von Schuld auch im Sterben. Schließlich beginnt ein Toter nicht plötzlich anzuschweben, sondern sinkt zu Boden. Ebenso wird auch der Körper des Verstorbenen ins Grab hinunter gelassen und selten nach unten gedrückt. Ja, selbst für den ewigen Tod gilt das geistliche Naturgesetz der Schwerkraft. Denn der Mensch fährt wegen seiner belasteten Seele hinab in die Hölle und schwingt sich nicht hinauf in den Himmel. Weder Seele, noch Wille oder Gewissen können dem Unterworfensein unter die Schwerkraft der Sündhaftigkeit etwas entgegensetzen. Das erkennen wir an der Welt um uns herum und erfahren es an uns immer wieder.
Aber dennoch gibt es einen Gegensatz. Diesen zeigt ein Bibelwort von Petrus (1 Petrus 2,24):
Christus hat unsere Sünde selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz!
Das scheint auf den ersten Blick nichts Besonderes zu sein, aber es ist das Unnormalste dieser Welt. „Jesus trägt unsere Sünden – hinauf.“ Er, der Erfinder aller Naturgesetze, handelt gegen die Gesetzmäßigkeit der Sünde – in völlig unerwarteter Weise mit all unseren Verschuldungen. „Er trägt sie hinauf – an seinem Leibe auf das Holz.“ Dieser Nachtrag „auf das Holz“ ist wichtig! Jesus trug unsere Schuld nicht bis in den Himmel zu Gott hinauf, dass sie uns dort verklagen, sondern er trägt sie genau so hoch, dass es zu unserer Erlösung dient. Das Kreuz war genau die richtige Stelle, wo deine und meine Sünden zum Liegen kam. Es war der Platz, wo Gott Sühne für die Sünden der ganzen Welt schaffte, indem der sündlose Gottessohn unter der Last deiner und meiner Sünde zu Tode kam. Seitdem ist das Kreuz der Ort, zu dem wir aufschauen dürfen, wenn uns unsere Schuld herabzieht. Wir sind frei geworden von aller falschen Erdanziehung und -gebundenheit.
Deshalb enthält der Andachtsvers nicht ohne Grund einen Nachsatz:
Christus hat unsere Sünde selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz, damit wir der Sünde abgestorben – der Gerechtigkeit leben.
Denn Ziel der Erlösung war es, dass alle Schwermut der Sünde mit Jesus am Kreuz stirbt und dort liegen bleibt. Dieser Tod der Sünde war die Bedingung, dass wir „der Gerechtigkeit leben“ können; der Gerechtigkeit als völlig neue Seinsform, die nichts von der Schwerkraft und Last der Gefallenheit weiß. Einem Leben mit freiem Blick hinauf zum himmlischen Vater, weil alle Schwere der Seele und des Gewissens abgenommen ist. Helfe uns Gott, dass wir uns nicht in der falschen Schwerkraft der Sünde einrichten, sondern jeden Tag die Last unserer Schuld bei ihm abwerfen. Er ist der Einzige, der dem belastenden Fluch der Schuld die Kraft genommen hat, weil er sie selber auf das Kreuz hinaufgetragen und dort abgelegt hat. So macht er unsere Gewissen leicht, dass wir jeden Tag feste Schritte ihm entgegen machen können.